Architectures of Survival / Architekturen des Überlebens

 

Ausstellung: 4. – 27. April 2008

Mit: Agency, Jofroi Amaral, Rossella Biscotti / Kevin Van Braak / Bart Schoonderbeek, Vaast Colson, Fabien Defendini, Delphine Deguislage, Simona Denicolai & Ivo Provoost, Yona Friedman, Laure Gatelier, Agnès Geoffray, Ella Klaschka, Nathalie Mertens, NG, Yan Renand, Kurt Ryslavy, StudioBasar

 

Ein Projekt kuratiert von Komplot für Sparwasser HQ

Flyer Einladung
Pressephotos: siehe unten

---------- Einführung:

Das Werk des ungarisch, französischen Architekten Yona Friedman (1923 geboren in Budapest, lebt in Paris) ist der Ausgangspunkt dieser Ausstellung. Der Titel der Ausstellung bezieht sich auf das gleichnamige Buch von Friedman, welches sich der prekären Natur einer modernen Gesellschaft widmet und kreative Vorschläge macht um den Problemen zu begegnen, die durch Hyper-Konsum und kapitalistische Strukturen von sozialer und räumlicher Organisation hervorgehen. Friedman erregte Aufsehen mit seinem Manifest „L’ Architecture Mobile“ (Mobile Architektur) und seinem Plan für eine utopische Stadt „La Ville Spatiale“ (Die räumliche Stadt). Seine Ideen gehen weit über die Architektur hinaus und in Bereiche wie Soziologie, Wirtschaft, Mathematik, Informatik, Planung, Kunst und Film.
Friedmans Schriften sind heute einflussreiche architektonische Konzepte, ausgehend von einem kapitalistischen und wirtschaftlichen Modell in einem Staat mit generalisierter Armut. Yona Friedman macht Vorschläge für das Unvorhergesehene, bietet die Mittel und das Wissen damit Menschen ihre eigene Lebensumwelt bestimmen, sich aneignen und wieder erfinden können und über das normative, funktionale Vermögen mit neuen gesellschaftlichen Formen den eigenen Wohnbereich zu gestalten hinausgehen.

Entsprechend zu Friedmans Methode sich die Architektur als kreatives Werkzeug anzueignen, durch die Erstellung von „do-it-yourself“ -Bedienungsanleitungen, Instruktionen und Rezepten, wird sich die Ausstellung dem eigentlichen, kreativen Prozesses widmen, welcher Strategien von Mobilität und Überleben mit einbezieht. Grundsätzlich geht es darum, wie die Kunstwerke ihren ursprünglichen Kontext „überleben“. Die Künstler werden mit den „Spuren“ und „Überresten“ von Performances und Aktionen arbeiten. In diesem Projekt wird die „Spur“ einer privilegierten Recherche unterzogen.

Eines der gemeinsamen Materialmerkmale der ausgestellten Werke ist „Leichtigkeit“ und Ökonomie der zur Verfügung stehenden Mittel. Ob sie aus wiederverwerteten Materialien, Stoff, Objekten oder Papier hergestellt oder von audiovisueller Natur sind; sie sind einfach zu transportieren und das ermöglicht ein improvisiertes und flexibles Erarbeiten und Präsentieren. Die teilnehmenden und performativen Aspekte der Arbeiten sind in diesem Projekt maßgebend. „Alle Künstler haben etwas gemeinsam. Sie träumen davon etwas zu tun, das sozialer, gemeinschaftlicher und realer ist wie Kunst“ – Dan Graham.

Mit „Architektur des Überlebens“ möchten wir passend zu den künstlerische, sozial utopischen Gedankengängen eine gewisse „kritische Distanz“ kreieren und ein Ausstellungsmodel in Zusammenhang mit dem Publikum entwerfen.

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---------- Programm:

Eröffnung: 3. April, 18 Uhr
Eröffnungsparty: Scala, Friedrichstr. 112a, Berlin-Mitte (Oranienburger Tor), 11 pm
p.s.party mit project spaces Artnews Projects, Program, Sparwasser HQ
djs: your body & sweat

Performance
3. – 6. April: Rossella Biscotti / Kevin Van Braak / Bart Schoonsderbeek, 'Mobile Atelier'
4. April, 22 Uhr: Fabien Defendini
5. April, 18 Uhr: Kurt Ryslavy, 'Introduction to a kind of architecture' (Einführung in eine Art Architektur)
27. April, 14 Uhr: Agency, Specimen 848 (Dannon Healthy Habit Cookbook), in der kulinarischen Buchhandel Kochlust, Alte Schönhauser Str. 36-37, Berlin
16 Uhr: StudioBasar, Lesung 'Evacuating the Ghost', in Sparwasser HQ, Torstrasse 161, Berlin
18 Uhr: NG, 'Limits of Paradise' + Yan Renand, 'Moldiness'
19 Uhr: 'Bloody Sunday', Videoprogramm und Performance von Miss Le Bomb

Abschluss-Party 'Bloody Sunday'-programm zusammengestellt von Pauline Doutrelingne

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---------- Künstler:

Agency: (1992 gegründet in Brüssel) erstellt eine Liste von quasi Dingen: Dinge, die eine Verklärung/Unklarheit beschreiben in Bezug auf die Aufteilung der Natur in die Klassifizierungen „Natur“ und „Kultur“. 1993 Publications International Ltd. veröffentlichte ein Buch mit auf Joghurt basierenden Rezepten genannt “Dannon Healthy Habit Cookbook”.
(“Dannon gesunde Gewohnheit Kochbuch”). Sehr bald entfachte ein Konflikt, die Herausgeber Meredith Corp. behaupteten, dass Publications International 26 Rezepte aus dem Kochbuch “Discover Dannon” (“Entdecke Dannon”) kopierte. In dem darauf folgenden Prozess Publications International Ltd. versus Meredith Corp. stellten die Richter fest, dass «die Rezepte in „Discover Dannon“ nicht die kleinste Menge des schöpferischen Ausdruckes enthalten“ – das heißt, die Originalität – welche die sine qua non/absolute Notwendigkeit des Copyrights ist - . Rezepte sind eine Kombination von „Identifikation der Zutaten“ (Natur) und „Angaben der Zubereitung“ und können nur durch eine sehr gewisse Form des Schreibens den Schutz des Copyrights erlangen. Am 27 April 2008 wird die Probe 0848 Zeugnis ablegen für eine Versammlung von betroffenen Köchen, Schreibern, Herausgeber, Anwälte, usw, in der kulinarische Buchhandlung Kochlust, Alte Schönhauser Str. 36-37, Berlin.

Die Arbeiten von Jofroi Amaral (geboren 1978, B, lebt in Berlin) funktionieren als Elemente, die mit verschiedenen Dingen assoziiert werden können und dadurch eine neue Bedeutung erlangen. Den Zelt-Unterschlupf, den er zeigen wird, wird direkt vor dem Video von NG platziert und so ein schützendes Obdach für die Köpfe der Besucher bieten. Das kleine Zelt und die Kissen sind hergestellt aus wieder verwerteten Leinwänden und Plastik, sie sind weiß und reflektieren das Licht im Raum. Der kosmologische Gehalt der Arbeit ist sehr bedeutungsvoll.

Vaast Colson (geboren 1977, B, lebt in Antwerpen) befasst sich mit dem Umfeld, dem er in einer Ausstellung ausgesetzt ist. Er hat keine Arbeiten im herkömmlichen Sinne zur Verfügung. Die Arbeiten, die er ausstellt, sind meistens Überreste einer Performance. In seinen sichtlich sehr einfachen Handlungen bringt er Fragen über ein soziales Netzt auf und den „Back to Basics“ Ansatz der 70er. Zum Beispiel während einer seiner Performances bittet er einen indischen Blumenverkäufer seinen kleinstädtischen Preis für Freie Kunst entgegenzunehmen und eine Rede zu halten. Für sein Projekt in Berlin wird er ebenfalls eine gewisse zeitgenössische Kunst Situation konfrontieren, wir haben im Moment noch keine genaueren Details darüber.

Fabien Defendini (geboren 1978, F, lebt in Brüssel): Architektur als eine Wahrnehmung von Zeit zu erachten als ein gebrauchtes Objekt von Raum als eine soziale Praxis. Die Idee ist ein Bild eines Gebäudes über ein anderes zu projektieren, eine Gegenüberstellung von zwei Zeiten/Räumen. Der Künstler wird auch eine weiteren Kontext durch seine Stimme hinzufügen, in einem Versuch seine Berufung zu testen, wird er über einen politischen Diskurs sprechen, welcher in seiner Ausübung längst vergessen sein mag.

Delphine Deguislage (geboren 1980, B, lebt in Antwerpen) wird eine Installation im größten Fenster der Ausstellung anbringen. Mit farbigem Klebeband wird sie farbige Formen kreieren, die den öffentlichen Raum mit dem Galerieraum verbinden. Sie benutzt sehr einfache Materialien und Bearbeitungen und bittet das Publikum sein tägliches Umfeld an einem neuen Tag zu betrachten.

Simon Denicolai (geboren 1972, I, lebt in Brüssel) & Ivo Provoost (geboren 1974, B, lebt in Brüssel): Viele von Denicolai und Provoosts Eingriffen (Video, Installation, architektonische Interventionen und Eingriffe im öffentlichen Raum) rühren von der Frage des identitären Raumes – ob es eine mentale, sozial-ökologische oder physische Auffassung ist – eines Individuums in einer Gesellschaft. Als erstes soziales Element, die primäre Quelle von Gegenüberstellung und Austausch mit Alterität, steht das Paar, welches in ihrem Falle der kreative Kern ist. Die Unterscheidung zwischen öffentlicher und privater Sphäre ist oft sichtlich verwischt. Für „Architectures of Survival“ haben sie eine Performance entworfen:
Die Verbreitung einer Nachricht, in Gedanken ein Bild so lange zu beschreiben bis es mehr Glaubwürdigkeit erlangt, als seine eigentliche Wirklichkeit. Sie reagieren auch auf die additive und mobile Strategie unseres Projektes.

Yona Friedman
(geboren 1923, Budapest, lebt in Paris) verteilt Bedienungsanweisungen für Gebäudestrukturen, Skulpturen, Schutzdächer, die in öffentlichen Räumen mit Hilfe von Komplot gebaut werden.

Laure Gatelier (geboren 1976, F, lebt in Brüssel) wird mit der Erinnerung von Berlin arbeiten, sie wird einige der Hauptclichés dieser Stadt reaktivieren wie zum Beispiel die Kugeleinschüsse, die man noch sehr lange an den Mauern sehen konnte.

Agnes Geoffray (geboren 1976, F, lebt in Brüssel) packt wie sie es nennt die „legendäre Grausamkeit“ an. Sie erforscht die dunkle Seite unserer Psyche, gleichzeitig untersucht sie die Grenze zwischen Realität und Fiktion. Dabei recycelt und überarbeitet sie Bilder und Geschichten die sie in den „Vermischten Meldungen“ der Medien findet. Sie eignet sich die Bilder als eine Metapher für eine übliche Strategie des Überlebens an, welcher wir uns zu einem gewissen Grad alle bedienen. Für Geoffroy, sind Fiktionen einfach mögliche Realitäten. In ihrer Installation für dieses Projekt benutzt sie Bilder, die als zu gewalttätig erachtet wurden um veröffentlicht zu werden.

Ella Klaschka (geboren 1969, D, lebt in Berlin und Paris): Ein Poster ist das erste was man an einer Wand aufhängt um sich in einer neuen Umgebung Zuhause zu fühlen. Poster definieren eine subjektive Beziehung zwischen Menschen und Architektur. Beiläufig in einer Stadt angebracht, triggern sie den Passanten. Posters sind Ideen, Slogans, Bilder in Bewegung. Sie stehen für etwas anderes: An die Wand gepinnt in einem Teenager-Zimmer bedeuten sie...

Nathalie Mertens (geboren 1969, B, lebt in Brüssel): „Königin der Nacht“ ist der Name von schwarzen Tulpen, welche die Künstlerin diesen Winter unter Schildern in einem Stadtpark in Berlin Mitte gepflanzt hat mit der Idee, dass die Schilder eine Verdoppelung erhalten: durch die Anwesenheit der schwarzen Tulpe signalisieren sie zudem, dass hier eine Pflanze steht, über die man nicht gehen darf. Die Tulpen werden Ende April blühen, auch möglicherweise auf dem Gras vor der Niederländischen Botschaft und vor dem Rem Koolhaas Gebäude. Briefliche Anfragen an die Botschaft und Fotografien von der Pflanzung werden ebenfalls Teil des Projektes sein.

NG (geboren 1968, F, lebt überall): Als Künstlerin befindet sich NG auf der Suche nach einem neuen Weg des Lebens / des sich Fortbewegens /der Arbeit. Der Film „Limits of Paradies: Free Solo“ zeigt die Künstlerin wie sie in einer Landschaft umhergeht (Schnee bedeckte Berge, post-industrielle Uferzonen, wilde Natur...) sie isst, was sie zum überleben findet (Kräuter, Gräser, Pflanzen...). Begleitend zum Film gibt es Zeichnungen und ein geschriebenes Statement, welches alle sehr bescheidenen Mittel zur Reise und Unterkunft beschreibt (Hängematte, Zelt..). NG wird auch einen Vortrag halten, „Break Hotel“, in welchem sie über kurze Gesprächsausschnitte spricht, die davon handeln, wie sie lebt, arbeitet und sozusagen als „Obdachlose“ Künstlerin von Künstler-Stipendium zu Stipendium zieht.

Yan Renand (geboren 1979, F, lebt in Brüssel) wird einen Koffer voller Objekte mitbringen, die zu diesem Anlass aus seinem „Schimmel“ kreiert wurden. „Schimmel“ ist der allgemeine Titel seiner aktuellen Arbeit. Renand arbeitet jeden Tag mit Objekten, die er findet und umwandelt indem er zum Beispiel Plastiksäcke mit Farbe vermischt, Nahrungsmitteln, Pflanzen darin wachsen lässt. Der Prozess von Leben und Tod in seiner Arbeit ist ziemlich verblüffend, ein Zelebrieren von Zerbrechlichkeit. Renand wird auch seine Strickarbeit aus Plastikbändern vorführen.

Kurt Ryslavy (geboren 1961, A, lebt in Brüssel): „Europäer“ ist ein Buch in welchem der Künstler die Geschichte von der Beziehung seiner Kunst und seines Weinhandels erzählt. Wie beide Aktivitäten einander beeinflussen, wie er mit dem Weinhandel angefangen hat um als Künstler zu überleben, wie Alkohol die soziale Verbindung sein kann und wie diese Doppelbeschäftigung ihn in beiden Milieus seltsam aussehen lässt. Der komplette autobiografische Text ist in 36 europäische Sprachen übersetzt, ergibt so ein europäisches Tableau oder Portrait eines modernen Malers. Der Künstler wird den Wein servieren in seinem gewohnten Geschäftsanzug... er wird nicht nur leere Flaschen und Farbspritzer zurücklassen.

StudioBasar (Gegründet in Bukarest 2004): das Architektenduo wird ihre Plakate „Evakuierung des Gespenstes“ verteilen, die Zeitung erzählt von kreativen Möglichkeiten nach der Vertreibung aus Häuser durch den Kommunismus in Rumänien. Dieses Problem des Überlebens in einem auf Besitz basierenden Gesellschaft deckt größere Themen der Marginalisierung auf und bekommt eine symbolische Annäherung durch die Namen der beiden Architekten: Bocan bedeutet „suchen“ und Axinte bedeutet „retten“.

Kevin van Braak (geboren 1975, NL, lebt in Rotterdam) & Rossella Biscotti (geboren 1978, I, lebt in Rotterdam) laden den Architekten Bart Schoonderbeek für „das gute Leben“ ein. Das Projekt „das gute Leben“ ist von dem homonymen Buch des Architekten Inaki Abalos inspiriert, welches zum Reisen in der Imagination einlädt, das Vergnügen zu denken, planen und intensiv leben anregt, ermutigt ein Haus zu erfinden, das es noch nicht gibt. Das Projekt untersucht die Beziehung von architektonischen Elementen eines Hauses und der Konstruktion eines Filmsets. Die Mobilität des Filmsets ermöglicht die fixen Strukturen eines Hauses zu durchbrechen und neue Wege auszukundschaften wie Menschen ihre Umgebung nutzen können. „Das gute Leben“ beinhaltet die Planung einer tatsächlichen Konstruktion eines Hauses/Struktur, das dazu da ist die Hauptrolle in einem Film zu spielen. Es wird ein Film sein, indem die Bewegungen der dortigen Bewohner/Akteure in dem Haus das Gebäude austesten und die Gestaltung und architektonischen Elementen in eine experimentelle Form bringen. Salento, in Puglia im Süden Italiens, wird der Ort für dieses Projekt sein.

Die Closing Party wird von Pauline Doutrlingne geplant: Bloody Sunday
EINE KREATIVE GESELLSCHAFT WIRD UNS NICHT RETTEN ABER SIE WIRD UNS ZEIGEN WIE MAN ÜBERLEBT
Ein Anlass der einst sehr weit entfernt in Bejing bei einem Kaffeekränzchen entstand, ist mittlerweile in einen kompletten Sonntag von Feierlichkeiten mutiert und ist den ganzen Weg bis nach Berlin geflogen. Musik ist nicht der einzige aber der Hauptbestandteil von Bloody Sunday. Neben einer großartigen Musikauswahl zusammengestellt von DJ T-Ina Darling (dubstep), Dj mellow yellow (electro mashed potatoes) und einer spezial Performance von Miss Le Bomb, bietet Bloody Sunday auch Videovorführungen, Magazine und andere Überraschungen.

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---------- Kunstwerke:

 

 

Agnès Geoffray

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Studio Basar: Postkarte aus der Serien 'Evicting The Ghost'

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Workshop mit Yona Friedman in Zagreb

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Kurt Ryslavys Weinverkosung unter dem Motto: 'Introduction to a kind of architecture'

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Simon Denicolai & Ivo Provoost Bild hier

NG Statement:

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Ella Klaschka:

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Sponsors:
Mit freundlicher Unterstützung des Hauptstadtkulturfonds, CGRI, Romanian Institute, Bureau des Arts Plastiques/Culturesfrance und der französischen Botschaft.

 

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